Ein Kongress zu Ehren von Claus-Dieter Rath
Bildquelle: Eric Kessel: Incomplete Encyclopedia of Touch, Paris 2024
„Nichts ist gefährlicher, als etwas zu sagen, das wahr sein könnte. Denn wenn es das wäre, würde es das voll und ganz werden, und Gott weiß, was geschieht, wenn etwas deshalb, weil es wahr ist, nicht mehr in Zweifel gezogen werden kann.“
(Lacan: Schriften II, Turia & Kant 2015 S. 110)
Die psychoanalytischen Vereinigungen Psychoanalytische Bibliothek, Freud-Lacan-Gesellschaft und Psychoanalytisches Kolleg laden zum gemeinsamen Kongress zu Ehren von Claus-Dieter Rath ein.
Als Analytiker, Freund und Lehrer hinterlässt Claus-Dieter Rath uns ein Forschungsfeld, das den Wert der Rede in den Mittelpunkt stellt. So ist das Thema dieses Kongresses ein Vorhaben, das er nur noch anstoßen konnte: Zweifel an der Haltbarkeit des Wortes, wobei es sowohl um das geschriebene als auch um das gesprochene Wort gehen wird … und eben den Zweifel daran. Dieser Zweifel kann ein öffnender sein, der Verklebungen und libidinöse Verhaftungen löst, einer der zur Entscheidungsunfähigkeit führt, auch ein traumatisierender, der an das Sprechen nicht heranreicht, oder gar unmöglich macht und so in die Verzweiflung führt.
Das Denken und Wirken Claus-Dieter Raths kreiste immer wieder um das soziale Band, auch gerade jenes, das Psychoanalytiker und von der Analyse affizierte zusammenhält. Dabei mahnte er stets vor „Abschließungen in Gestalt von Meisterworten, Schuljargon, Denkverboten und Gruppensprache“, die er als „Ausdruck eines Nichtwissenwollens“ erkannte. Sein Einsatz für die Psychoanalyse als „kollektives Forschungsunternehmen“ und sein Interesse an jenen „Stollen dieses Bergwerks“ in denen die Einzelnen gegenwärtig arbeiten, trugen zu dem bei, was er als „Vergesellschaftung des konkreten psychoanalytischen Wissens“ verstand (Der Rede wert, S.175). Mit seinem von Walter Benjamin inspirierten Wort von der „Haltbarkeit des Wortes“ möchten wir jene Stollen dieses Bergwerkes Psychoanalyse ein wenig ausleuchten und weitertreiben, die Claus-Dieter Rath zu graben begonnen hat.
Dieser Kongress zu Ehren Claus-Dieter Raths möchte viel-stimmig versuchen, den zeitlichen (durabilité) und konsistenten (solidité) Aspekt dieser Frage nach der Haltbarkeit des Wortes zu bearbeiten, die uns immer auch mit der Materialität des Signifikanten konfrontiert (Lacan: Wissenschaft und Wahrheit). Dabei geht es besonders um Fragen, die sich aus dieser Thematik und aus den Erinnerungen an die Arbeit mit Claus-Dieter Rath ergeben:
Woran halten wir uns an der Sprache fest – kann man sich an Worte halten? Haben Worte ein Haltbarkeitsdatum, wie z.B. Milch? Das gefallene, das (aus)gesprochene Wort ist nicht mehr zurückzuholen – wie steht es um die Angst, etwas Falsches zu sagen? Wie stehen Worte zur Wahrheit, zur Lüge, zu den Algorithmen der sozialen Medien? Wann werden Wörter leer und zu bloßen Phrasen? Wie steht es um die „Kulturarbeit“? Wie um das Versprechen (in) der Analyse, einen Ort der Wahrheit zu finden? Ist vielleicht auch etwas, was vom Realen ist, das Worte (noch) nicht fassen können, entscheidend für einen Halt?
Freitag, 5. Dezember 2025, 19:30 – Sonntag, 7. Dezember 2025, 10h -14h
Mit Vorträgen u.a. von: Stephanie von Hayek, Till Kathmann, Claudia Lemke, Martine Lerude, André Michels, Peter Müller, Karl-Josef Pazzini, Françoise Samson, Bernhard Schwaiger, Edith Seifert, Cornelius Tauber, Peter Widmer, sowie das Praxisteam der „offenen Sprechstunde“ der Psychoanalytischen Bibliothek, Berlin.
Die Vorträge und Diskussionen behandeln unter anderem folgende Themen: Haltbarkeit der Übertragung/ Lehrbarkeit der Psychoanalyse/ Vergesellschaftung – Polis und Psychoanalyse/ Halt im Analytikerbegehren/ Psychoanalyse und Musik/ Halt in der Psychoanalyse
Das Kongressprogramm wird Ende September verschickt. Fortbildungspunkte sind bei der Kammer beantragt. Bitte beachten Sie auch unsere Internetseite www.freud-lacan-berlin.de.